Der Start meiner Beraterkarriere stand erst einmal unter keinem guten Stern. Aber mit Mut und Glück ist er dann doch gelungen.

Alois Czipin

SCHRITT FÜR SCHRITT. Das erste Projekt meiner Karriere führt mich im Advent 1978 nach Freiburg im Breisgau. Der Klient ist ein bekanntes Familienunternehmen mit Schwerpunkt Süßwaren. In dem von mir betreuten Werk werden Schokolade und Bonbonnieren hergestellt. Meine Aufgabe ist, durch Schulungsmaßnahmen die Produktivität der Verpacker:innen zu erhöhen. Ich habe einen sehr versierten Vorgesetzten, der mich Schritt für Schritt anleitet, meine Aufgabe professionell zu erfüllen. Nach einigen Wochen bin ich auf die bereits sichtbaren Erfolge sehr stolz.

Der Start meiner Beraterkarriere stand erst einmal unter keinem guten Stern. Aber mit Mut und Glück ist er dann doch gelungen.

Alois Czipin

SCHRITT FÜR SCHRITT. Das erste Projekt meiner Karriere führt mich im Advent 1978 nach Freiburg im Breisgau. Der Klient ist ein bekanntes Familienunternehmen mit Schwerpunkt Süßwaren. In dem von mir betreuten Werk werden Schokolade und Bonbonnieren hergestellt. Meine Aufgabe ist, durch Schulungsmaßnahmen die Produktivität der Verpacker:innen zu erhöhen. Ich habe einen sehr versierten Vorgesetzten, der mich Schritt für Schritt anleitet, meine Aufgabe professionell zu erfüllen. Nach einigen Wochen bin ich auf die bereits sichtbaren Erfolge sehr stolz.

Was ich in diesen ersten Tagen meiner Berufstätigkeit ebenfalls erfahre, ist die Tatsache, dass alle zwei Wochen die Berater beurteilt und die schlechtesten auf der Stelle gekündigt werden. Ich erlebe dramatische Szenen: Gekündigte Mitarbeiter beschimpfen den Projektleiter, in einem Fall kommt es sogar zu Tätlichkeiten. Die Berater leben in ständiger Angst, da in den getroffenen Entscheidungen für mich kein Muster erkennbar ist. Über diese Art des Umgangs bin ich sehr schockiert und hoffe nur, dass mir dieses Schicksal nicht blüht.

Eines Tages erfahre ich, dass einer der Seniorpartner aus den USA „mein“ Projekt besuchen wird. Ich bin aufgeregt. Als jüngstes Teammitglied ist es auch meine Aufgabe, den Herrn vom Frankfurter Flughafen abzuholen. Er stellt sich als sehr umgänglich heraus, ist Brite und lebt in Florida. Ich erzähle ihm ganz stolz, was ich bereits erreicht habe. Die Produktivität des von mir bearbeiteten Bereiches ist um knapp zehn Prozent gestiegen.

Am Abend trifft sich das gesamte Projektteam mit dem Partner zum Abendessen. Es wird über Dinge gesprochen, die mir (noch) nichts sagen, und es werden Namen genannt, mit denen ich ebenfalls nichts anfangen kann. Danach lädt uns der Seniorpartner in die Hotelbar ein. Ich hatte schon erfahren, dass er ein begnadeter Whiskytrinker ist und sehr viel verträgt. Meine Kollegen verkrümeln sich sehr rasch, während ich in der Bar die Stellung halte. Mit zunehmendem Alkoholgenuss werde ich immer redseliger und vergesse nach und nach, mit wem ich am Tisch sitze und dass ich am nächsten Tag um sieben Uhr morgens auf der Matte stehen muss. Es wird Mitternacht, und ich verliere den Zeitbegriff.

Irgendwann erwache ich mit einem dicken Kopf und sehe auf die Uhr: Es ist 10.30 Uhr. Langsam dämmert mir, dass heute ein wichtiger Tag ist und ich bereits seit einigen Stunden beim Projekt zum Review sein müsste. Es läuft mir heiß und kalt hinunter. Ich springe aus dem Bett und restauriere mich notdürftig. Ich laufe in die Lobby, trinke schnell einen Kaffee – und dann ab zum Projekt. Auf der Fahrt male ich mir die ärgsten Horrorszenarien aus und befürchte, dass ich am Ende der Woche den „blauen Brief “ bekommen werde und ich mir einen neuen Job suchen muss.

Was ich in diesen ersten Tagen meiner Berufstätigkeit ebenfalls erfahre, ist die Tatsache, dass alle zwei Wochen die Berater beurteilt und die schlechtesten auf der Stelle gekündigt werden. Ich erlebe dramatische Szenen: Gekündigte Mitarbeiter beschimpfen den Projektleiter, in einem Fall kommt es sogar zu Tätlichkeiten. Die Berater leben in ständiger Angst, da in den getroffenen Entscheidungen für mich kein Muster erkennbar ist. Über diese Art des Umgangs bin ich sehr schockiert und hoffe nur, dass mir dieses Schicksal nicht blüht.

Eines Tages erfahre ich, dass einer der Seniorpartner aus den USA „mein“ Projekt besuchen wird. Ich bin aufgeregt. Als jüngstes Teammitglied ist es auch meine Aufgabe, den Herrn vom Frankfurter Flughafen abzuholen. Er stellt sich als sehr umgänglich heraus, ist Brite und lebt in Florida. Ich erzähle ihm ganz stolz, was ich bereits erreicht habe. Die Produktivität des von mir bearbeiteten Bereiches ist um knapp zehn Prozent gestiegen.

Am Abend trifft sich das gesamte Projektteam mit dem Partner zum Abendessen. Es wird über Dinge gesprochen, die mir (noch) nichts sagen, und es werden Namen genannt, mit denen ich ebenfalls nichts anfangen kann. Danach lädt uns der Seniorpartner in die Hotelbar ein. Ich hatte schon erfahren, dass er ein begnadeter Whiskytrinker ist und sehr viel verträgt. Meine Kollegen verkrümeln sich sehr rasch, während ich in der Bar die Stellung halte. Mit zunehmendem Alkoholgenuss werde ich immer redseliger und vergesse nach und nach, mit wem ich am Tisch sitze und dass ich am nächsten Tag um sieben Uhr morgens auf der Matte stehen muss. Es wird Mitternacht, und ich verliere den Zeitbegriff.

Irgendwann erwache ich mit einem dicken Kopf und sehe auf die Uhr: Es ist 10.30 Uhr. Langsam dämmert mir, dass heute ein wichtiger Tag ist und ich bereits seit einigen Stunden beim Projekt zum Review sein müsste. Es läuft mir heiß und kalt hinunter. Ich springe aus dem Bett und restauriere mich notdürftig. Ich laufe in die Lobby, trinke schnell einen Kaffee – und dann ab zum Projekt. Auf der Fahrt male ich mir die ärgsten Horrorszenarien aus und befürchte, dass ich am Ende der Woche den „blauen Brief “ bekommen werde und ich mir einen neuen Job suchen muss.

Quick-Check
Termin zum Quick-Check

ALKOHOLVERBOT! Ich betrete das Büro. Meine Kollegen beginnen schadenfroh zu grinsen. Der Seniorpartner nimmt von mir zunächst keinerlei Notiz. Er unterhält sich intensiv mit dem Projektleiter. Ich ziehe mir den Arbeitsmantel über und will in die Produktion gehen, um Nachschau zu halten, ob sich alles in die richtige Richtung entwickelt. Bevor ich die Türe erreiche, steht der Seniorpartner auf und versperrt mir den Weg. „Alois“, sagt er, „hauche mich einmal an!“ Ich tue es, und er beginnt auf Englisch loszupoltern: „You f… idiot! Bist du komplett verrückt, mit einer Alkoholfahne in den Betrieb zu gehen. Im Lebensmittelbereich herrscht absolutes Alkoholverbot!“

Dann ist es im Raum ruhig, ganz ruhig. Am liebsten würde ich auf der Stelle in Grund und Boden versinken. Mir schießen wilde Gedanken durch meinen vernebelten Kopf: gleich selbst die Kündigung einreichen, meine Sachen packen und abhauen; mich entschuldigen und beteuern, dass so etwas nie wieder vorkommen wird – oder zu sagen: „Ja, das war wirklich sehr unbedacht, aber wir können ja die Zeit hier nutzen und den Fortschritt meines Bereiches überprüfen!“

Nach einer kurzen Nachdenkpause wähle ich letztere Variante. Der Seniorpartner und der Projektleiter sind von meinem Vorschlag sehr überrascht, lassen sich aber darauf ein. Und so gehen wir durch meine gesamte geleistete Arbeit Schritt für Schritt durch. Mir rinnt der Schweiß den Rücken hinunter, aber langsam gewinne ich wieder meine Fassung. Am Ende blicke ich in zufriedene Gesichter. Durch das Weihnachtswunder in Freiburg ist der (wacklige) Start in eine lange und erfolgreiche Beraterkarriere gelungen!

Ich wünsche allen Leser:innen meiner Kolumne ein frohes Weihnachtsfest!

ALKOHOLVERBOT! Ich betrete das Büro. Meine Kollegen beginnen schadenfroh zu grinsen. Der Seniorpartner nimmt von mir zunächst keinerlei Notiz. Er unterhält sich intensiv mit dem Projektleiter. Ich ziehe mir den Arbeitsmantel über und will in die Produktion gehen, um Nachschau zu halten, ob sich alles in die richtige Richtung entwickelt. Bevor ich die Türe erreiche, steht der Seniorpartner auf und versperrt mir den Weg. „Alois“, sagt er, „hauche mich einmal an!“ Ich tue es, und er beginnt auf Englisch loszupoltern: „You f… idiot! Bist du komplett verrückt, mit einer Alkoholfahne in den Betrieb zu gehen. Im Lebensmittelbereich herrscht absolutes Alkoholverbot!“

Dann ist es im Raum ruhig, ganz ruhig. Am liebsten würde ich auf der Stelle in Grund und Boden versinken. Mir schießen wilde Gedanken durch meinen vernebelten Kopf: gleich selbst die Kündigung einreichen, meine Sachen packen und abhauen; mich entschuldigen und beteuern, dass so etwas nie wieder vorkommen wird – oder zu sagen: „Ja, das war wirklich sehr unbedacht, aber wir können ja die Zeit hier nutzen und den Fortschritt meines Bereiches überprüfen!“

Nach einer kurzen Nachdenkpause wähle ich letztere Variante. Der Seniorpartner und der Projektleiter sind von meinem Vorschlag sehr überrascht, lassen sich aber darauf ein. Und so gehen wir durch meine gesamte geleistete Arbeit Schritt für Schritt durch. Mir rinnt der Schweiß den Rücken hinunter, aber langsam gewinne ich wieder meine Fassung. Am Ende blicke ich in zufriedene Gesichter. Durch das Weihnachtswunder in Freiburg ist der (wacklige) Start in eine lange und erfolgreiche Beraterkarriere gelungen!

Ich wünsche allen Leser:innen meiner Kolumne ein frohes Weihnachtsfest!