Ein Problem vor sich herzuschieben, bringt selten die Lösung: weder beim eigenen Körper noch bei der Gesundung eines Unternehmens.

Alois Czipin

SYMPTOME BEKÄMPFEN. Eines Morgens des letzten Sommers wache ich auf und nehme im rechten Fuß ein unangenehmes Gefühl wahr. Ich weiß sofort: Dieser Schmerz kommt von der Achillessehne. Ich nehme eine schmerzlindernde Salbe zur Hand und hoffe, dass sich die Sache so kurieren lässt. Leider ist dem nicht so. Der Schmerz will und will nicht nachlassen. Längere Bewegung führt zwar zu Besserung. Aber am nächsten Morgen ist wieder alles beim Alten.

Ein Problem vor sich herzuschieben, bringt selten die Lösung: weder beim eigenen Körper noch bei der Gesundung eines Unternehmens.

Alois Czipin

SYMPTOME BEKÄMPFEN. Eines Morgens des letzten Sommers wache ich auf und nehme im rechten Fuß ein unangenehmes Gefühl wahr. Ich weiß sofort: Dieser Schmerz kommt von der Achillessehne. Ich nehme eine schmerzlindernde Salbe zur Hand und hoffe, dass sich die Sache so kurieren lässt. Leider ist dem nicht so. Der Schmerz will und will nicht nachlassen. Längere Bewegung führt zwar zu Besserung. Aber am nächsten Morgen ist wieder alles beim Alten.

Nach mehreren Wochen gehe ich zum Orthopäden, der mir mit Injektionen kurzfristig hilft. Doch der Schmerz kommt immer wieder zurück. Die Sache beginnt, mich mehr und mehr zu nerven. Trotzdem begebe ich mich auf einige Reisen, auf denen ich längere Wegstrecken zurückzulegen habe. In New York wandere ich beispielsweise quer durch den Central Park. Dabei muss ich mich oft hinsetzen, da die Schmerzen unerträglich sind. Ich beiße die Zähne zusammen, aber auch Bewegung hilft nicht mehr. Familie und Bekannte bemerken mein Leiden und empfehlen mir eindringlich, nicht nur die Symptome zu bekämpfen, sondern die Ursache zu finden.

Ich reduziere aber einzig meine Aktivitäten. Von einer konsequenten Physiotherapie sehe ich ab, denn ich habe arbeitsmäßig ein großes Pensum zu bewältigen. Und da kann ich mir für einen „solchen Luxus“ keine Zeit nehmen. Meine Devise lautet: „Das wird schon wieder!“ Und so nimmt das Unglück seinen Lauf. Gegen Jahresende werden die Beschwerden immer stärker. Dann passiert es: Während ich durch das Büro gehe, macht es einen „Schnalzer“. Ich weiß sofort: Nun ist die Achillessehne ab!

Kurz darauf wird meine Diagnose durch eine Ultraschalluntersuchung bestätigt: Die Achillessehne ist tatsächlich gerissen. Ich kontaktiere eine bekannte Koryphäe. Der Arzt erklärt sich bereit, mich eine Woche vor Weihnachten noch zu operieren. Der Eingriff dauert zwei Stunden. Am nächsten Tag kommt der Operateur zu mir ins Zimmer und sagt: „Das war echte Schwerarbeit. Sie haben es ganz schön lange anstehen lassen. So weit hätte es nicht kommen müssen!“

Sechs Wochen ist die Operation mittlerweile vorbei, und ich muss noch immer einen Gips tragen, der mir das Leben nicht einfach macht. Aber ich beschwere mich nicht, denn ich hätte ja auch rechtzeitig einen anderen Weg einschlagen können. Ich habe viel Zeit, nachzudenken, und da fällt mir eine Geschichte ein, die einige Jahre zurückliegt.

Nach mehreren Wochen gehe ich zum Orthopäden, der mir mit Injektionen kurzfristig hilft. Doch der Schmerz kommt immer wieder zurück. Die Sache beginnt, mich mehr und mehr zu nerven. Trotzdem begebe ich mich auf einige Reisen, auf denen ich längere Wegstrecken zurückzulegen habe. In New York wandere ich beispielsweise quer durch den Central Park. Dabei muss ich mich oft hinsetzen, da die Schmerzen unerträglich sind. Ich beiße die Zähne zusammen, aber auch Bewegung hilft nicht mehr. Familie und Bekannte bemerken mein Leiden und empfehlen mir eindringlich, nicht nur die Symptome zu bekämpfen, sondern die Ursache zu finden.

Ich reduziere aber einzig meine Aktivitäten. Von einer konsequenten Physiotherapie sehe ich ab, denn ich habe arbeitsmäßig ein großes Pensum zu bewältigen. Und da kann ich mir für einen „solchen Luxus“ keine Zeit nehmen. Meine Devise lautet: „Das wird schon wieder!“ Und so nimmt das Unglück seinen Lauf. Gegen Jahresende werden die Beschwerden immer stärker. Dann passiert es: Während ich durch das Büro gehe, macht es einen „Schnalzer“. Ich weiß sofort: Nun ist die Achillessehne ab!

Kurz darauf wird meine Diagnose durch eine Ultraschalluntersuchung bestätigt: Die Achillessehne ist tatsächlich gerissen. Ich kontaktiere eine bekannte Koryphäe. Der Arzt erklärt sich bereit, mich eine Woche vor Weihnachten noch zu operieren. Der Eingriff dauert zwei Stunden. Am nächsten Tag kommt der Operateur zu mir ins Zimmer und sagt: „Das war echte Schwerarbeit. Sie haben es ganz schön lange anstehen lassen. So weit hätte es nicht kommen müssen!“

Sechs Wochen ist die Operation mittlerweile vorbei, und ich muss noch immer einen Gips tragen, der mir das Leben nicht einfach macht. Aber ich beschwere mich nicht, denn ich hätte ja auch rechtzeitig einen anderen Weg einschlagen können. Ich habe viel Zeit, nachzudenken, und da fällt mir eine Geschichte ein, die einige Jahre zurückliegt.

Ein Lebensmittelproduzent sucht meinen Rat: Über mehrere Jahre ist die Effektivität der Abfüllanlagen um zehn Prozentpunkte gefallen. Dieser „Schmerz“ wird im Gehirn des Unternehmens wahrgenommen, es werden etliche Maßnahmen eingeleitet, um den Trend umzukehren – leider ohne Erfolg. Der „Riss der Achillessehne“ tritt dann im Sommer ein: Das System wird durch hohe Bestellungen stark unter Druck gesetzt. Das Management gibt Durchhalteparolen aus, die aber nicht fruchten. Die starke Belastung führt zum weiteren Rückgang der Effektivität der Anlagen. Lieferausfälle und ein negatives Betriebsergebnis sind die dramatischen Folgen. Kunden und auch der Aufsichtsrat machen klar: Das darf sich nicht wiederholen!

SPÄT, ABER DOCH. Und so werden wir als Spezialisten spät, aber doch zu Rate gezogen: Schon die erste Grobuntersuchung legt die Vermutung nahe, dass nur die Symptome bekämpft werden. Die detaillierte Analyse bringt dann die ernüchternden Fakten zu Tage: Störungen werden nur provisorisch behoben, ohne den Ursachen auf den Grund zu gehen. Die Geschwindigkeiten der einzelnen Anlagenteile sind nicht genau aufeinander abgestimmt, was zu Staus auf den Transportbändern führt, die Mitarbeiter wissen nicht, wie ihre Anlagen gegenüber Plan laufen, und engagieren sich darum zu wenig, die Führungskräfte sind hauptsächlich damit beschäftigt, Feuer zu löschen. Die Einsicht kommt auch in diesem Fall. Spät aber doch.

Wir machen uns daran, die Achillessehne mit „konservativen Maßnahmen“ zu behandeln. Wir implementieren Abläufe und Systeme, die darauf ausgerichtet sind, Probleme systematisch zu beheben. Und wir machen Mitarbeitern und Führungskräften zu jeder Zeit bewusst, wie der aktuelle Status im Vergleich zum Plan ist. Schrittweise zeigen auch die Effektivitätszahlen der Anlagen nach oben, und die Probleme auf der Kunden- und der Ertragsseite gehören der Vergangenheit an. Gesamte Durchlaufzeit der Problembehebung: ein Jahr.

Für mich beginnt in wenigen Wochen die Rehabilitation: Auch die wird ein Jahr dauern. Wie mein Klient nehme ich persönlich die Lehre mit, nicht nur Symptome zu bekämpfen, sondern die Ursachen zu beseitigen.

Ein Lebensmittelproduzent sucht meinen Rat: Über mehrere Jahre ist die Effektivität der Abfüllanlagen um zehn Prozentpunkte gefallen. Dieser „Schmerz“ wird im Gehirn des Unternehmens wahrgenommen, es werden etliche Maßnahmen eingeleitet, um den Trend umzukehren – leider ohne Erfolg. Der „Riss der Achillessehne“ tritt dann im Sommer ein: Das System wird durch hohe Bestellungen stark unter Druck gesetzt. Das Management gibt Durchhalteparolen aus, die aber nicht fruchten. Die starke Belastung führt zum weiteren Rückgang der Effektivität der Anlagen. Lieferausfälle und ein negatives Betriebsergebnis sind die dramatischen Folgen. Kunden und auch der Aufsichtsrat machen klar: Das darf sich nicht wiederholen!

SPÄT, ABER DOCH. Und so werden wir als Spezialisten spät, aber doch zu Rate gezogen: Schon die erste Grobuntersuchung legt die Vermutung nahe, dass nur die Symptome bekämpft werden. Die detaillierte Analyse bringt dann die ernüchternden Fakten zu Tage: Störungen werden nur provisorisch behoben, ohne den Ursachen auf den Grund zu gehen. Die Geschwindigkeiten der einzelnen Anlagenteile sind nicht genau aufeinander abgestimmt, was zu Staus auf den Transportbändern führt, die Mitarbeiter wissen nicht, wie ihre Anlagen gegenüber Plan laufen, und engagieren sich darum zu wenig, die Führungskräfte sind hauptsächlich damit beschäftigt, Feuer zu löschen. Die Einsicht kommt auch in diesem Fall. Spät aber doch.

Wir machen uns daran, die Achillessehne mit „konservativen Maßnahmen“ zu behandeln. Wir implementieren Abläufe und Systeme, die darauf ausgerichtet sind, Probleme systematisch zu beheben. Und wir machen Mitarbeitern und Führungskräften zu jeder Zeit bewusst, wie der aktuelle Status im Vergleich zum Plan ist. Schrittweise zeigen auch die Effektivitätszahlen der Anlagen nach oben, und die Probleme auf der Kunden- und der Ertragsseite gehören der Vergangenheit an. Gesamte Durchlaufzeit der Problembehebung: ein Jahr.

Für mich beginnt in wenigen Wochen die Rehabilitation: Auch die wird ein Jahr dauern. Wie mein Klient nehme ich persönlich die Lehre mit, nicht nur Symptome zu bekämpfen, sondern die Ursachen zu beseitigen.