Würden Sie ein Virus füttern, weil es sich bei Ihnen eingenistet hat? Wohl kaum. Trotzdem tun das manche – aus falsch verstandener Loyalität!
„Diese Leute arbeiten seit mehr als 20 Jahren bei uns und haben sich nichts zuschulden kommen lassen. Es entspricht nicht unserer Unternehmenskultur gerade sie als Erste zu kündigen.“ Das ist die Stellungnahme des Geschäftsführers eines Sportartikelproduzenten, der in extreme Schieflage geraten ist. Meine Aufgabe ist es nun die ersten Maßnahmen dieser Restrukturierung auf den Weg zu bringen. Doch zurück zum Anfang!
Würden Sie ein Virus füttern, weil es sich bei Ihnen eingenistet hat? Wohl kaum. Trotzdem tun das manche – aus falsch verstandener Loyalität!
„Diese Leute arbeiten seit mehr als 20 Jahren bei uns und haben sich nichts zuschulden kommen lassen. Es entspricht nicht unserer Unternehmenskultur gerade sie als Erste zu kündigen.“ Das ist die Stellungnahme des Geschäftsführers eines Sportartikelproduzenten, der in extreme Schieflage geraten ist. Meine Aufgabe ist es nun die ersten Maßnahmen dieser Restrukturierung auf den Weg zu bringen. Doch zurück zum Anfang!
Einige Wochen zuvor werde ich von einer der führenden Banken kontaktiert. Sie hat seit vielen Jahrzehnten ein traditionsreiches Familienunternehmen als Kunde. Nach einem missglückten Wechsel an der Unternehmensspitze ist das Unternehmen in einer schweren Krise – etwas mehr als 10% vom Umsatz beträgt der Verlust. Der pensionierte Geschäftsführer wird gemeinsam mit einem jungen Manager mit der Führung betraut – und zur Verstärkung werde ich mit einem Team beauftragt die Restrukturierung zu planen und dann sicherzustellen.
Einige Wochen zuvor werde ich von einer der führenden Banken kontaktiert. Sie hat seit vielen Jahrzehnten ein traditionsreiches Familienunternehmen als Kunde. Nach einem missglückten Wechsel an der Unternehmensspitze ist das Unternehmen in einer schweren Krise – etwas mehr als 10% vom Umsatz beträgt der Verlust. Der pensionierte Geschäftsführer wird gemeinsam mit einem jungen Manager mit der Führung betraut – und zur Verstärkung werde ich mit einem Team beauftragt die Restrukturierung zu planen und dann sicherzustellen.
Der erste Eindruck ist eigentlich recht gut. Das Aktivitätsniveau der Mitarbeiter ist en und indirekten Mitarbeiter entspricht halbwegs dem Durchschnitt. Eines macht mich jedoch überdurchschnittlich hoch. Die Produktionsanlagen sind gut ausgelastet. Das Verhältnis zwischen direktstutzig. Die Wertschöpfung pro Mitarbeiter ist trotz des ersten Eindrucks relativ niedrig und der Materialeinsatz ist ebenfalls viel zu hoch. So entwickle ich einen Plan für die Analyse, der darauf abzielt die Wertschöpfung der Mitarbeiter in der Produktion genau zu durchleuchten – ebenso wie die Planungs- und Steuerungssysteme.
Die Detailuntersuchungen bringen es dann Tag für Tag an die Oberfläche. Wir verbringen 40 ganze Tage an verschiedenen Arbeitsplätzen und sehen, dass an einzelnen Stellen Produkte aus Qualitätsgründen von der Linie genommen werden, wieder an den Anfang der Linie gebracht werden und dann aufs Neue bearbeitet werden. Ich kann das zunächst fast nicht glauben. Auch meine eigenen Beobachtungen in der Produktion bestätigen diese Fakten. Uns fällt eine eigenartige Zurückhaltung bei Gesprächen auf. Wir haben irgendwie den Eindruck, dass eine Form negativer Energie das Werk lähmt. Auf der Faktenseite stellt sich heraus, dass auf Grund eines völlig falsch konzipierten Logistikkonzeptes gekoppelt mit einem Planungssystem, das alle diese Probleme vertuscht, gewaltige Potentiale vorhanden sind. Ich bin erleichtert!
Die Manager, die für Technik, Planung und Qualität verantwortlich zeichnen, können sich mit den Ergebnissen der Analyse gar nicht anfreunden. Sie bekriegen mich und mein Team auf das Heftigste. Uns wird vorgeworfen von der Branche keine Ahnung zu haben, Tatsachen falsch wiederzugeben, etc. Trotz intensiver Bemühungen unsererseits kommt es zu keiner Annäherung der beiden Standpunkte. In einer Präsentation der Ergebnisse vor der Geschäftsführung kommt es zur offenen Auseinandersetzung. Wir sagen A, das Management sagt B und die Geschäftsführung ist unschlüssig.
Wir schließen unsere Untersuchungen ab und kommen zu folgendem Schluss: bei gleicher Produktionsmenge können 25% der Mitarbeiter reduziert werden. Da der Verkauf am Markt 15% mehr Menge verkaufen kann reduziert sich der notwendige Mitarbeiterabbau auf 10% in der Produktion, aber 20% in den indirekten Bereichen. Die erforderlichen Investitionen sind überschaubar. Um dieses Vorhaben umzusetzen schlagen wir auch die Ablösung der 3 Musketiere vor. Und hier beginnt es sich zu spießen.
Am Ende der Analyse werden die Ergebnisse an die Eigentümer und die Banken präsentiert. Die Loyalität gegenüber den lange gedienten Mitarbeitern ist auch bei dieser Gelegenheit stark zu spüren. Die Risikomanager der Bank hingegen unterstützen unseren Vorschlag, machen aber klar, dass die Entscheidung von den Geschäftsführern zu treffen ist. Es kommt zu einer Aussprache zwischen den Eigentümern, den Geschäftsführern und uns. Es besteht Übereinstimmung in den meisten Punkten der Restrukturierung, aber die personellen Konsequenzen bei den Führungskräften werden nur von uns forciert. Da schlägt der Senior der Eigentümer vor den Betriebsrat dazu zu holen und seine Meinung zu hören.
2 Stunden später wird auch der Betriebsrat mit dem Restrukturierungsplan vertraut gemacht. Ich präsentiere meinen Vorschlag ohne auch nur eine Auslassung. Nach der Präsentation ist es ganz still im Raum. Auf die Frage, was er davon hält, sagt der Betriebsratsvorsitzende: „Bevor ich mich dazu äußere möchte ich mich mit meinen Kollegen beraten! Ich brauche dazu 1 Stunde!“ Ich vermute nichts Gutes hinter dieser Ankündigung und überlege mir, was zu tun ist, sollte der Vorschlag abgelehnt werden. Ich beschließe das Mandat zurückzulegen, sollten die Kündigungen abgelehnt werden.
1 Stunde später geht die Besprechung weiter: „Nach eingehender Diskussion sind wir zur Auffassung gelangt, dass der Vorschlag von Herrn Czipin richtig ist. Auch wir sind der Meinung, dass diese Herren schon seit längerer Zeit kein guter Einfluss in der Firma sind.“ Damit verlässt der Betriebsrat die Besprechung. Der Eigentümer meint dann, dass letztendlich die Geschäftsführung zu entscheiden hat, aber damit klar ist, dass auch die Belegschaft die Ablöse unterstützt.
Am nächsten Tag treffe ich die beiden Geschäftsführer zur Besprechung wie es nun weiter gehen soll. Ich bin gespannt. Die Geschäftsführer teilen mir mit, dass sie nun meinen Vorschlag voll inhaltlich unterstützen und als erste Maßnahme die 3 Musketiere von ihrer Ablöse in Kenntnis setzen werden. Der Beginn des Restrukturierungsprojektes wird für den folgenden Montag angesetzt. Schon am Werkstor werden wir sehr freundlich begrüßt. Wir treffen zum Kick-off neben der Geschäftsführung alle Führungskräfte und den Betriebsrat. Bei Betreten des Besprechungsraumes beginnen die Führungskräfte zu applaudieren. Wir sind sprachlos!
Es stellt sich heraus, dass die Belegschaft schon seit Jahren unter der „Tyrannei“ dieser 3 Herren gelitten hat. Alle Vorschläge wurden abgelehnt, die Kommunikation kam zum Erliegen, das Unternehmen bewegte sich in rasendem Tempo dem Abgrund entgegen – und niemand traute sich die Wahrheit auszusprechen!
Die Lehre aus dieser Geschichte: „Manchmal stinkt der Fisch nicht vom Kopf, sondern von der Unternehmenskultur!“
PS: der Applaus begleitete mein Team auch auf dem Weg durch die Produktion. Die Leistung der Produktion stieg innerhalb von Wochen um mehr als 15%. Die Firma wurde gerettet und ist heute noch in der Hand der Familie!
Der erste Eindruck ist eigentlich recht gut. Das Aktivitätsniveau der Mitarbeiter ist en und indirekten Mitarbeiter entspricht halbwegs dem Durchschnitt. Eines macht mich jedoch überdurchschnittlich hoch. Die Produktionsanlagen sind gut ausgelastet. Das Verhältnis zwischen direktstutzig. Die Wertschöpfung pro Mitarbeiter ist trotz des ersten Eindrucks relativ niedrig und der Materialeinsatz ist ebenfalls viel zu hoch. So entwickle ich einen Plan für die Analyse, der darauf abzielt die Wertschöpfung der Mitarbeiter in der Produktion genau zu durchleuchten – ebenso wie die Planungs- und Steuerungssysteme.
Die Detailuntersuchungen bringen es dann Tag für Tag an die Oberfläche. Wir verbringen 40 ganze Tage an verschiedenen Arbeitsplätzen und sehen, dass an einzelnen Stellen Produkte aus Qualitätsgründen von der Linie genommen werden, wieder an den Anfang der Linie gebracht werden und dann aufs Neue bearbeitet werden. Ich kann das zunächst fast nicht glauben. Auch meine eigenen Beobachtungen in der Produktion bestätigen diese Fakten. Uns fällt eine eigenartige Zurückhaltung bei Gesprächen auf. Wir haben irgendwie den Eindruck, dass eine Form negativer Energie das Werk lähmt. Auf der Faktenseite stellt sich heraus, dass auf Grund eines völlig falsch konzipierten Logistikkonzeptes gekoppelt mit einem Planungssystem, das alle diese Probleme vertuscht, gewaltige Potentiale vorhanden sind. Ich bin erleichtert!
Die Manager, die für Technik, Planung und Qualität verantwortlich zeichnen, können sich mit den Ergebnissen der Analyse gar nicht anfreunden. Sie bekriegen mich und mein Team auf das Heftigste. Uns wird vorgeworfen von der Branche keine Ahnung zu haben, Tatsachen falsch wiederzugeben, etc. Trotz intensiver Bemühungen unsererseits kommt es zu keiner Annäherung der beiden Standpunkte. In einer Präsentation der Ergebnisse vor der Geschäftsführung kommt es zur offenen Auseinandersetzung. Wir sagen A, das Management sagt B und die Geschäftsführung ist unschlüssig.
Wir schließen unsere Untersuchungen ab und kommen zu folgendem Schluss: bei gleicher Produktionsmenge können 25% der Mitarbeiter reduziert werden. Da der Verkauf am Markt 15% mehr Menge verkaufen kann reduziert sich der notwendige Mitarbeiterabbau auf 10% in der Produktion, aber 20% in den indirekten Bereichen. Die erforderlichen Investitionen sind überschaubar. Um dieses Vorhaben umzusetzen schlagen wir auch die Ablösung der 3 Musketiere vor. Und hier beginnt es sich zu spießen.
Am Ende der Analyse werden die Ergebnisse an die Eigentümer und die Banken präsentiert. Die Loyalität gegenüber den lange gedienten Mitarbeitern ist auch bei dieser Gelegenheit stark zu spüren. Die Risikomanager der Bank hingegen unterstützen unseren Vorschlag, machen aber klar, dass die Entscheidung von den Geschäftsführern zu treffen ist. Es kommt zu einer Aussprache zwischen den Eigentümern, den Geschäftsführern und uns. Es besteht Übereinstimmung in den meisten Punkten der Restrukturierung, aber die personellen Konsequenzen bei den Führungskräften werden nur von uns forciert. Da schlägt der Senior der Eigentümer vor den Betriebsrat dazu zu holen und seine Meinung zu hören.
2 Stunden später wird auch der Betriebsrat mit dem Restrukturierungsplan vertraut gemacht. Ich präsentiere meinen Vorschlag ohne auch nur eine Auslassung. Nach der Präsentation ist es ganz still im Raum. Auf die Frage, was er davon hält, sagt der Betriebsratsvorsitzende: „Bevor ich mich dazu äußere möchte ich mich mit meinen Kollegen beraten! Ich brauche dazu 1 Stunde!“ Ich vermute nichts Gutes hinter dieser Ankündigung und überlege mir, was zu tun ist, sollte der Vorschlag abgelehnt werden. Ich beschließe das Mandat zurückzulegen, sollten die Kündigungen abgelehnt werden.
1 Stunde später geht die Besprechung weiter: „Nach eingehender Diskussion sind wir zur Auffassung gelangt, dass der Vorschlag von Herrn Czipin richtig ist. Auch wir sind der Meinung, dass diese Herren schon seit längerer Zeit kein guter Einfluss in der Firma sind.“ Damit verlässt der Betriebsrat die Besprechung. Der Eigentümer meint dann, dass letztendlich die Geschäftsführung zu entscheiden hat, aber damit klar ist, dass auch die Belegschaft die Ablöse unterstützt.
Am nächsten Tag treffe ich die beiden Geschäftsführer zur Besprechung wie es nun weiter gehen soll. Ich bin gespannt. Die Geschäftsführer teilen mir mit, dass sie nun meinen Vorschlag voll inhaltlich unterstützen und als erste Maßnahme die 3 Musketiere von ihrer Ablöse in Kenntnis setzen werden. Der Beginn des Restrukturierungsprojektes wird für den folgenden Montag angesetzt. Schon am Werkstor werden wir sehr freundlich begrüßt. Wir treffen zum Kick-off neben der Geschäftsführung alle Führungskräfte und den Betriebsrat. Bei Betreten des Besprechungsraumes beginnen die Führungskräfte zu applaudieren. Wir sind sprachlos!
Es stellt sich heraus, dass die Belegschaft schon seit Jahren unter der „Tyrannei“ dieser 3 Herren gelitten hat. Alle Vorschläge wurden abgelehnt, die Kommunikation kam zum Erliegen, das Unternehmen bewegte sich in rasendem Tempo dem Abgrund entgegen – und niemand traute sich die Wahrheit auszusprechen!
Die Lehre aus dieser Geschichte: „Manchmal stinkt der Fisch nicht vom Kopf, sondern von der Unternehmenskultur!“
PS: der Applaus begleitete mein Team auch auf dem Weg durch die Produktion. Die Leistung der Produktion stieg innerhalb von Wochen um mehr als 15%. Die Firma wurde gerettet und ist heute noch in der Hand der Familie!