Wie ich einmal auf Anordnung von oben meine Würde aus dem Fenster warf

Alois Czipin

Deutschland 1983: mein damaliger Arbeitgeber hat ein Projekt bei einem deutschen Mittelständler akquiriert. Die Projektziele sind klar: Produktivitätssteigerungen in allen Bereichen. Ich bin mit 26 Jahren einer von 2 Installation Managern und berichte an einen Projektleiter, der aber nur Englisch spricht.

Wie ich einmal auf Anordnung von oben meine Würde aus dem Fenster warf

Alois Czipin

Deutschland 1983: mein damaliger Arbeitgeber hat ein Projekt bei einem deutschen Mittelständler akquiriert. Die Projektziele sind klar: Produktivitätssteigerungen in allen Bereichen. Ich bin mit 26 Jahren einer von 2 Installation Managern und berichte an einen Projektleiter, der aber nur Englisch spricht.

Es beginnt ganz easy. Der erste Bereich, den ich bearbeite ist der Vertriebsinnendienst. Ich verstehe mich mit dem Verantwortlichen sehr gut. Wir erarbeiten in der Zentrale Aktivitätslisten und stimmen sie ab. Wir erheben Volumina und Zeiten für die Aktivitäten, die ca. 80% des Zeitbedarfs ausmachen, und stellen so den notwendigen Personalbedarf fest. Es zeigt sich, dass die erzielbaren Verbesserungen weit über dem Ziel liegen. Ich schicke 2 Berater los, die die einzelnen Vertriebsniederlassungen aufsuchen. Es ergeben sich wie schon in der Zentrale die geplanten Einsparungen.

Die monatlichen Fortschrittsbesprechungen mit dem Vorstand und den Eigentümern gehen runter wie Butter, da auch in der Produktion gute Fortschritte gemacht werden. Wie gesagt, alles easy!

Es beginnt ganz easy. Der erste Bereich, den ich bearbeite ist der Vertriebsinnendienst. Ich verstehe mich mit dem Verantwortlichen sehr gut. Wir erarbeiten in der Zentrale Aktivitätslisten und stimmen sie ab. Wir erheben Volumina und Zeiten für die Aktivitäten, die ca. 80% des Zeitbedarfs ausmachen, und stellen so den notwendigen Personalbedarf fest. Es zeigt sich, dass die erzielbaren Verbesserungen weit über dem Ziel liegen. Ich schicke 2 Berater los, die die einzelnen Vertriebsniederlassungen aufsuchen. Es ergeben sich wie schon in der Zentrale die geplanten Einsparungen.

Die monatlichen Fortschrittsbesprechungen mit dem Vorstand und den Eigentümern gehen runter wie Butter, da auch in der Produktion gute Fortschritte gemacht werden. Wie gesagt, alles easy!

Zu Mitte des Projektes wenden wir uns den übrigen indirekten Bereichen in der Zentrale zu. Das sind Bereiche wie Lager, Logistik, Buchhaltung, etc. Wir wenden die gleiche Logik an wie im Vertriebsinnendienst. Ich bin von einem vollen Projekterfolg überzeugt.

Schon zu Ende der Phase 1 des Projektes habe ich bemerkt, dass sich Unruhe in meinem Team breit macht. Um das Ganze noch schlechter zu machen, bekommen wir Besuch eines Senior Partners aus Amerika. Der Mann verbringt die meiste Zeit an der Hotelbar, beschimpft meine Berater und schickt einen vernichtenden Bericht an die Zentrale. Am Freitag bekomme ich dann die Rechnung präsentiert, in dem 2 von 3 mir zugeteilten Beratern die Kündigung einreichen. Sie haben genug und sind auch nicht dazu zu bewegen das Projekt abzuschließen.

Der Kunde will die Woche darauf wissen, warum die Berater nicht mehr da sind. Auf Anweisung meines Bosses sage ich, dass sie diese Woche auf Training sind und nächste Woche wieder zurückkommen werden. Die Woche darauf kommen neue Berater, die von der Materie dieses Projektes keine Ahnung haben. Der Kunde beginnt sauer zu werden. Ich versuche das Beste herauszuholen, aber ohne Übergabe sind die vorhandenen Unterlagen wenig brauchbar. Der Kunde ist mittlerweile immer unruhiger geworden und verlangt von mir Anfang der folgenden Woche die Ergebnisse für die indirekten Bereiche zu präsentieren.

Spätestens jetzt ist Feuer am Dach! Ich bin weit davon entfernt stichhaltige Ergebnisse präsentieren zu können, aber mein Management gibt die Anweisung über das Wochenende am Projekt zu bleiben und die Präsentation vorzubereiten. Mir ist klar, dass das nicht funktionieren kann und ich teile meine Bedenken. Ich schlage vor, dem Kunden reinen Wein einzuschenken und die Präsentation um 2 Wochen zu verschieben. Meine Chefs sagen mir klipp und klar, dass eine Überschreitung der budgetierten Manntage überhaupt nicht in Frage kommt und die Präsentation stattfinden soll. Auf die Frage wie das gehen soll, wird mir gesagt, dass ich doch wohl genügend Erfahrung habe um die Lücken zu stopfen.

Wir werken das ganze Wochenende wie die Wilden und erstellen ein Riesenplakat, auf dem alle „festgestellten“ Aktivitäten inkl. Zeiten und Volumina bis hin zum Personalbedarf enthalten sind. Dieses „Plakat“ hat natürlich mit der Realität nur ansatzweise zu tun. Ich habe ein verdammt schlechtes Gefühl. Wir gehen aber trotzdem in die Präsentation.

Die Präsentation entwickelt sich zu einem Desaster. Nach 1 Stunde bricht der CEO das Meeting ab und bittet mich zu sich ins Büro. Er teilt mir klipp und klar mit, dass er sehr enttäuscht ist und das Projekt sofort abgebrochen wird. Wir sollen die Projektunterlagen übergeben und dann das Werksgelände verlassen.

Ich telefoniere mit der Zentrale und kommuniziere den Stand der Dinge. Ich werde angewiesen alles zurückzulassen mit Ausnahme des Plakates. Der Kunde darf es unter keinen Umständen bekommen. Um diese Unterlage abzutransportieren, stellt sich ein Kollege mit laufendem Motor unter das Fenster unseres Büros, ein anderer Berater wirft die Unterlage hinunter und weg ist sie! Zurück bleibt ein wütender Kunde, der mich wüst beschimpft.

Dieses Ende ist für mich ein Schock, ich schlafe monatelang sehr schlecht und wache immer wieder mit Alpträumen auf. Bis heute steckt mir diese Geschichte in den Knochen und ich habe die Lehre daraus gezogen – Bei allem, was du tust, bedenke das Ende!

Zu Mitte des Projektes wenden wir uns den übrigen indirekten Bereichen in der Zentrale zu. Das sind Bereiche wie Lager, Logistik, Buchhaltung, etc. Wir wenden die gleiche Logik an wie im Vertriebsinnendienst. Ich bin von einem vollen Projekterfolg überzeugt.

Schon zu Ende der Phase 1 des Projektes habe ich bemerkt, dass sich Unruhe in meinem Team breit macht. Um das Ganze noch schlechter zu machen, bekommen wir Besuch eines Senior Partners aus Amerika. Der Mann verbringt die meiste Zeit an der Hotelbar, beschimpft meine Berater und schickt einen vernichtenden Bericht an die Zentrale. Am Freitag bekomme ich dann die Rechnung präsentiert, in dem 2 von 3 mir zugeteilten Beratern die Kündigung einreichen. Sie haben genug und sind auch nicht dazu zu bewegen das Projekt abzuschließen.

Der Kunde will die Woche darauf wissen, warum die Berater nicht mehr da sind. Auf Anweisung meines Bosses sage ich, dass sie diese Woche auf Training sind und nächste Woche wieder zurückkommen werden. Die Woche darauf kommen neue Berater, die von der Materie dieses Projektes keine Ahnung haben. Der Kunde beginnt sauer zu werden. Ich versuche das Beste herauszuholen, aber ohne Übergabe sind die vorhandenen Unterlagen wenig brauchbar. Der Kunde ist mittlerweile immer unruhiger geworden und verlangt von mir Anfang der folgenden Woche die Ergebnisse für die indirekten Bereiche zu präsentieren.

Spätestens jetzt ist Feuer am Dach! Ich bin weit davon entfernt stichhaltige Ergebnisse präsentieren zu können, aber mein Management gibt die Anweisung über das Wochenende am Projekt zu bleiben und die Präsentation vorzubereiten. Mir ist klar, dass das nicht funktionieren kann und ich teile meine Bedenken. Ich schlage vor, dem Kunden reinen Wein einzuschenken und die Präsentation um 2 Wochen zu verschieben. Meine Chefs sagen mir klipp und klar, dass eine Überschreitung der budgetierten Manntage überhaupt nicht in Frage kommt und die Präsentation stattfinden soll. Auf die Frage wie das gehen soll, wird mir gesagt, dass ich doch wohl genügend Erfahrung habe um die Lücken zu stopfen.

Wir werken das ganze Wochenende wie die Wilden und erstellen ein Riesenplakat, auf dem alle „festgestellten“ Aktivitäten inkl. Zeiten und Volumina bis hin zum Personalbedarf enthalten sind. Dieses „Plakat“ hat natürlich mit der Realität nur ansatzweise zu tun. Ich habe ein verdammt schlechtes Gefühl. Wir gehen aber trotzdem in die Präsentation.

Die Präsentation entwickelt sich zu einem Desaster. Nach 1 Stunde bricht der CEO das Meeting ab und bittet mich zu sich ins Büro. Er teilt mir klipp und klar mit, dass er sehr enttäuscht ist und das Projekt sofort abgebrochen wird. Wir sollen die Projektunterlagen übergeben und dann das Werksgelände verlassen.

Ich telefoniere mit der Zentrale und kommuniziere den Stand der Dinge. Ich werde angewiesen alles zurückzulassen mit Ausnahme des Plakates. Der Kunde darf es unter keinen Umständen bekommen. Um diese Unterlage abzutransportieren, stellt sich ein Kollege mit laufendem Motor unter das Fenster unseres Büros, ein anderer Berater wirft die Unterlage hinunter und weg ist sie! Zurück bleibt ein wütender Kunde, der mich wüst beschimpft.

Dieses Ende ist für mich ein Schock, ich schlafe monatelang sehr schlecht und wache immer wieder mit Alpträumen auf. Bis heute steckt mir diese Geschichte in den Knochen und ich habe die Lehre daraus gezogen – Bei allem, was du tust, bedenke das Ende!