Wie es nicht funktioniert, zeigte sich nach Ende der kommunistischen Planwirtschaft in Osteuropa. Streben nach Effizienz hatte keinen Stellenwert.

Alois Czipin

EISERNER VORHANG HEBT SICH. Ich bin ein sehr reiselustiger Mann, dessen Neugierde, unbekannte Territorien zu erkunden, nicht zu stillen ist. Mein Beruf als Unternehmensberater hat mir dazu viele Gelegenheiten verschafft. Begonnen hat es bereits im Jahr 1979 mit Einsätzen in den USA und Mexiko. Davor hätte ich mir nicht einmal träumen lassen, in diesen Ländern berufliche und auch kulturelle Erfahrungen zu sammeln. Und noch heute läuft mir ein Schauer über den Rücken, wenn ich daran denke, wie ich das erste Mal nachts in Los Angeles landete oder die Sonnenpyramide von Teotihuacán erblickte.

Wie es nicht funktioniert, zeigte sich nach Ende der kommunistischen Planwirtschaft in Osteuropa. Streben nach Effizienz hatte keinen Stellenwert.

Alois Czipin

EISERNER VORHANG HEBT SICH. Ich bin ein sehr reiselustiger Mann, dessen Neugierde, unbekannte Territorien zu erkunden, nicht zu stillen ist. Mein Beruf als Unternehmensberater hat mir dazu viele Gelegenheiten verschafft. Begonnen hat es bereits im Jahr 1979 mit Einsätzen in den USA und Mexiko. Davor hätte ich mir nicht einmal träumen lassen, in diesen Ländern berufliche und auch kulturelle Erfahrungen zu sammeln. Und noch heute läuft mir ein Schauer über den Rücken, wenn ich daran denke, wie ich das erste Mal nachts in Los Angeles landete oder die Sonnenpyramide von Teotihuacán erblickte.

Anfang der 90er-Jahre mache ich wieder ganz neue Erfahrungen: Der Eiserne Vorhang hebt sich, und ich erlebe als einer der ersten Berater das bislang wenig bekannte Nachbarland Ungarn. Schon die ersten Aufträge zeigen, welch großen Nachholbedarf die bisher nach Planwirtschaft geführten Unternehmen haben. Ich traue zuweilen meinen Augen nicht, wenn ich Produktionsanlagen aus den 1930er-Jahren sehe oder in ein Hotel komme, in dem die Telefonanlage mit einer Kurbel betrieben wird. Wir finden immer wieder weitsichtige Manager und Neounternehmer, die viel Geld für uns in die Hand nehmen, um ihr Unternehmen auf Leistung zu bringen. So können wir vielen helfen, im internationalen Wettbewerb zu bestehen.

1994 erreicht uns ein Anruf des Managers eines weltweit agierenden Getränkekonzerns. Er hat gehört, dass wir schon einige erfolgreiche Transformationsmandate in Ungarn abgewickelt haben. Sein Konzern hat den Zuschlag bekommen, einen Großteil der bislang staatlichen Brauereien zu übernehmen. Alle zugänglichen Vergleichszahlen weisen in die gleiche Richtung: massiver Personalüberhang plus massiver Investitionsbedarf in Anlagen, Gebäude und IT. Der Manager hält sich nicht mit langen Vorreden auf. Er fragt rundheraus, ob wir bereit sind, am Tag nach dem Closing (= formaler Abschluss der Transaktion) gemeinsam mit seinem Führungsteam ein großes Transformationsprojekt zu starten.

Und ob wir bereit sind! Zwei Wochen später beginnt die Analyse mit einer achtköpfigen Mannschaft von unserer Seite. Vier Wochen später liegt der Befund am Tisch: Leistungspotenziale von 60 Prozent und mehr! Was besonders ins Auge sticht, sind die hohen Personalstände in den sogenannten indirekten Bereichen. Eine Finanzabteilung mit 100 Mitarbeitenden und eine Personalabteilung mit 50! Das verschlägt dem Klienten und auch mir fast den Atem.

Anfang der 90er-Jahre mache ich wieder ganz neue Erfahrungen: Der Eiserne Vorhang hebt sich, und ich erlebe als einer der ersten Berater das bislang wenig bekannte Nachbarland Ungarn. Schon die ersten Aufträge zeigen, welch großen Nachholbedarf die bisher nach Planwirtschaft geführten Unternehmen haben. Ich traue zuweilen meinen Augen nicht, wenn ich Produktionsanlagen aus den 1930er-Jahren sehe oder in ein Hotel komme, in dem die Telefonanlage mit einer Kurbel betrieben wird. Wir finden immer wieder weitsichtige Manager und Neounternehmer, die viel Geld für uns in die Hand nehmen, um ihr Unternehmen auf Leistung zu bringen. So können wir vielen helfen, im internationalen Wettbewerb zu bestehen.

1994 erreicht uns ein Anruf des Managers eines weltweit agierenden Getränkekonzerns. Er hat gehört, dass wir schon einige erfolgreiche Transformationsmandate in Ungarn abgewickelt haben. Sein Konzern hat den Zuschlag bekommen, einen Großteil der bislang staatlichen Brauereien zu übernehmen. Alle zugänglichen Vergleichszahlen weisen in die gleiche Richtung: massiver Personalüberhang plus massiver Investitionsbedarf in Anlagen, Gebäude und IT. Der Manager hält sich nicht mit langen Vorreden auf. Er fragt rundheraus, ob wir bereit sind, am Tag nach dem Closing (= formaler Abschluss der Transaktion) gemeinsam mit seinem Führungsteam ein großes Transformationsprojekt zu starten.

Und ob wir bereit sind! Zwei Wochen später beginnt die Analyse mit einer achtköpfigen Mannschaft von unserer Seite. Vier Wochen später liegt der Befund am Tisch: Leistungspotenziale von 60 Prozent und mehr! Was besonders ins Auge sticht, sind die hohen Personalstände in den sogenannten indirekten Bereichen. Eine Finanzabteilung mit 100 Mitarbeitenden und eine Personalabteilung mit 50! Das verschlägt dem Klienten und auch mir fast den Atem.

In der Detailarbeit werden die Prozesse genauestens erhoben. Und zwar nicht nur anhand von Angaben der Mitarbeitenden, wir machen auch umfangreiche Begleitungen der Prozesse, um sie genau zu verstehen. Wir stellen fest, dass Doppel- und Dreifacharbeiten an der Tagesordnung sind. Die Unterstützung mit EDV Systemen ist so gut wie nicht vorhanden. Auch die Arbeitsauslastung der Mitarbeitenden ist mehr als unterdurchschnittlich. Alles ist darauf ausgelegt, möglichst viele Menschen zu beschäftigen – unabhängig davon, ob sie gebraucht werden oder nicht.

MACHTSTREBEN. Die Zusammenarbeit mit den Führungskräften ist nicht ganz einfach. Wir gewinnen den Eindruck, dass es für sie wichtig ist, möglichst viele Leute unter sich und damit Macht zu haben. Sie behaupten, gemäß Vorgaben, dass keine Fehler passieren dürfen, gehandelt zu haben. Daher wurden die vielen Kontrollschleifen entwickelt. Geld für Investitionen in Anlagen und IT gab es sowieso keines. Die Workshops zur Vereinfachung der Prozesse gestalten sich entsprechend schwierig: Es fehlt vielerorts an Know-how und auch an Fantasie, wie effizienter gearbeitet werden könnte. Also müssen wir Lösungen selbst entwickeln.

Wir erstellen Aktivitätslisten, die auch mit Häufigkeiten und benötigten Zeiten zu bewerten sind. Es muss berücksichtigt werden, dass es auch Stoßzeiten, wie zum Monats- und Jahresabschluss gibt. Zusammengerechnet wird zum Schluss. In der Finanzabteilung werden beispielsweise statt 100 Mitarbeitenden zukünftig nur mehr 15 benötigt. Die Präsentation dieses Ergebnisses wird sehr emotional. Der Vorwurf steht im Raum, dass die Zahlen nicht stimmen können. Am Ende einigen wir uns auf einen Personalbedarf von 20 Personen. Und das ist nur ein Beispiel in einer langen Reihe von Potenzialen.

Mir wurde in diesem Moment klar, welch fatale Auswirkungen die kommunistische Kommandowirtschaft hatte, die darauf aus war, in erster Linie Macht über Menschen auszuüben. Engagement für Effizienz hatte so gut wie keinen Stellenwert. Und das war auch das Todesurteil für dieses System.

In der Detailarbeit werden die Prozesse genauestens erhoben. Und zwar nicht nur anhand von Angaben der Mitarbeitenden, wir machen auch umfangreiche Begleitungen der Prozesse, um sie genau zu verstehen. Wir stellen fest, dass Doppel- und Dreifacharbeiten an der Tagesordnung sind. Die Unterstützung mit EDV Systemen ist so gut wie nicht vorhanden. Auch die Arbeitsauslastung der Mitarbeitenden ist mehr als unterdurchschnittlich. Alles ist darauf ausgelegt, möglichst viele Menschen zu beschäftigen – unabhängig davon, ob sie gebraucht werden oder nicht.

MACHTSTREBEN. Die Zusammenarbeit mit den Führungskräften ist nicht ganz einfach. Wir gewinnen den Eindruck, dass es für sie wichtig ist, möglichst viele Leute unter sich und damit Macht zu haben. Sie behaupten, gemäß Vorgaben, dass keine Fehler passieren dürfen, gehandelt zu haben. Daher wurden die vielen Kontrollschleifen entwickelt. Geld für Investitionen in Anlagen und IT gab es sowieso keines. Die Workshops zur Vereinfachung der Prozesse gestalten sich entsprechend schwierig: Es fehlt vielerorts an Know-how und auch an Fantasie, wie effizienter gearbeitet werden könnte. Also müssen wir Lösungen selbst entwickeln.

Wir erstellen Aktivitätslisten, die auch mit Häufigkeiten und benötigten Zeiten zu bewerten sind. Es muss berücksichtigt werden, dass es auch Stoßzeiten, wie zum Monats- und Jahresabschluss gibt. Zusammengerechnet wird zum Schluss. In der Finanzabteilung werden beispielsweise statt 100 Mitarbeitenden zukünftig nur mehr 15 benötigt. Die Präsentation dieses Ergebnisses wird sehr emotional. Der Vorwurf steht im Raum, dass die Zahlen nicht stimmen können. Am Ende einigen wir uns auf einen Personalbedarf von 20 Personen. Und das ist nur ein Beispiel in einer langen Reihe von Potenzialen.

Mir wurde in diesem Moment klar, welch fatale Auswirkungen die kommunistische Kommandowirtschaft hatte, die darauf aus war, in erster Linie Macht über Menschen auszuüben. Engagement für Effizienz hatte so gut wie keinen Stellenwert. Und das war auch das Todesurteil für dieses System.